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400 Millionen Menschen waren im Mai dazu aufgerufen, ein neues Europäisches Parlament zu wählen. An diesem Mittwoch nimmt es erstmals in der neuen Zusammensetzung seine Arbeit auf. Wir zeigen in dieser Karte, wie 78.818 Regionen abgestimmt haben. Zu sehen ist hier jeweils die Farbe jener Fraktion, die in dieser Region am stärksten abgeschnitten hat. 

Absolut trennscharf sind Parteien nie einer einzigen Kategorie zuzuordnen. Oft überlagern sich verschiedene Strömungen. Außerdem gibt es je nach Herkunftsland ganz unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie zeitgenössische linke oder konservative Politik auszusehen hat. Die anhaltende Diskussion innerhalb der EVP, ob die ungarische Fidesz-Partei noch die gleichen Werte wie die anderen Mitte-rechts-Parteien der EU vertritt, ist ein prominentes Beispiel dafür. Maßgeblich für unsere Einordnung der Parteien zu einer bestimmten Familie ist die Einordnung, die die Parteien in Brüssel selbst vorgenommen haben. Im Europäischen Parlament schließen sie sich zu Fraktionen zusammen. Entsprechend sind sie hier kategorisiert. 

Die Kategorien finden Sie in der Leiste über der Karte. Sie sind nach der Stärke der Fraktionen angeordnet. Es beginnt mit der stärksten Fraktion, der Parteifamilie der CDU, und endet mit der Fraktion, in der auch die deutsche Linke beheimatet ist.

Wir haben ihnen hier zum besseren Verständnis Kurznamen gegeben, die ihre politische Ausrichtung prägnanter beschreiben als die oft sperrigen Eigennamen. So wird die Fraktion der "Europäischen Konservativen und Reformer" hier als "Nationalkonservativ" zusammengefasst. 

Klickt man auf eine der Kategorien, färbt sich der Kontinent in der entsprechenden Farbe ein. Je intensiver der Farbton, umso stärker haben die Menschen, die dort leben, die entsprechende Partei gewählt.

Teilweise kommt es vor, dass sich die Politiker einer Partei unterschiedlichen Fraktionen in Brüssel anschließen. In Deutschland ist dafür Die Partei ein Beispiel: Einer ihrer beiden Abgeordneten gehört künftig zur Fraktion der Grünen, ein anderer zieht es vor, fraktionslos zu bleiben. Solche Aufspaltungen haben wir versucht, in unserer Darstellung ebenfalls zu berücksichtigen. Auch gibt es kleine Parteien, die in Brüssel keine eigene Fraktion oder Gruppe bilden. In Deutschland beispielsweise sind es die beiden kleinen Parteien Volt und die Piratenpartei. Beide haben sich im Europaparlament den Grünen angeschlossen – und sind bei uns entsprechend so eingeordnet.

1) Dreimal rechts

Manchmal kommt es auch vor, dass sich Parteien mit einem ähnlichen ideologischen Fundament dennoch nicht zu einer Formation in Brüssel zusammenraufen können oder wollen. Europas rechte und rechtspopulistische Parteien tun sich damit traditionell schwer. In dieser Legislaturperiode gibt es drei rechte Parteigruppen, die es im Europäischen Parlament vorziehen, getrennt voneinander zu arbeiten.  

"Nationalkonservativ": Sie werden von der polnischen PiS und den britischen Tories dominiert. Selbst nennen sie sich "Europäische Konservative und Reformer".

"Euroskeptisch": Hier sind die italienische Fünf-Sterne-Bewegung und die britische Brexit-Partei tonangebend. Diese Gruppe hat es bislang allerdings noch nicht geschafft, genügend Unterstützer für eine eigene Fraktion zu sammeln (Stand 2. Juli). Ob ihnen das noch gelingt oder ihre Abgeordneten sich anderen Fraktionen anschließen, ist offen. 

"Rechts außen": Hier sind die AfD, die FPÖ oder der französische Rassemblement National vereinigt. Sie bezeichnen sich selbst als "Identität und Demokratie". 

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2) Stadt-Land-Gefälle

In manchen Ländern lässt sich schon anhand der Farbverteilung erahnen, wo die Metropolen liegen. Ein markantes Beispiel ist Frankreich. In den großen Städten Paris, Lyon, Montpellier, Toulouse und Lille ist meist die liberale Partei La République en Marche von Staatspräsident Emmanuel Macron die stärkste Kraft. Anders sieht es in der Provinz aus. Hier dominiert der rechte Rassemblement National.

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Ähnliche Stadt-Land-Unterschiede im Wahlverhalten finden sich in vielen Ländern der EU, beispielsweise in Großbritannien, Polen, Tschechien oder auch in Deutschland.

3) Nur halb Europa ist grün

Ein weiterer Gewinner der Europawahl waren neben den rechten oder rechtspopulistischen Parteien die Grünen. Besonders in Deutschland, aber auch in anderen Ländern Nord- und Westeuropas schnitten sie stärker ab als noch 2014.

Allerdings zeigt ein Blick auf die Karte, dass die grüne Bewegung noch keine ist, die in ganz Europa zugkräftig ist. Im Süden und Osten Europas tun sich die ökologischen Parteien nach wie vor schwer. In manchen Ländern sind sie gar nicht vertreten. Hier eingefärbt sind die Wahlergebnisse der Fraktion "Die Grünen/Europäische Freie Allianz". Sie wird im Wesentlichen von zwei Europaparteien getragen, der Europäischen Grünen Partei (EGP) und der regionalistischen Europäischen Freien Allianz (EFA). Zur EFA gehört beispielsweise auch die Scottish National Party.

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4) Weiße Flecken

In einigen Regionen kommt es vor, dass die dort mit Abstand stärksten Parteien im Europäischen Parlament nicht vertreten sind. Ein markantes Beispiel hierfür ist der Süden der Slowakei. Ein halbe Million Ungarn bilden dort die größte ethnische Minderheit. Das entspricht rund acht Prozent der slowakischen Gesamtbevölkerung. Die Magyaren verteilten ihre Stimmen auf zwei Parteien, die in erster Linie ihre Minderheitsinteressen vertreten. Beide scheiterten jedoch an der landesweiten Fünf-Prozent-Hürde. Der weiße Korridor auf der Wahlkarte im Süden des Landes zeigt, dass sie dadurch keine Repräsentanz im neuen Europäischen Parlament haben.

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Möglich ist auch, dass sich die stärkste Partei einer Region in keine der bestehenden Gruppen in Brüssel eingliedern wollte. Ein Beispiel dafür ist die separatistische Partei Lliures Per Europa aus Katalonien. 

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Mitarbeit: Flavio Gortana und Alexander Kruse